Nachdem wir das Chachapoyas-Tal im Amazonasgebiet verlassen haben, radeln wir zwischen Reisfeldern nach Jaén. Manchmal fühlt es sich so an, als hätten wir den Kontinent gewechselt. Auch wenn wir noch nicht in Asien waren, stellen wir uns die Landschaft dort mit den Reisterrassen so vor. In Jaén, der letzten großen Stadt vor der Grenze, nehmen wir uns einen Tag Zeit, um alles zu organisieren: PCR-Test, rechtliche Erklärung über unseren Gesundheitszustand (ein Formular zum Ausfüllen), wieder mal duschen, Lebensmittelvorräte auffüllen… Dann sind wir bereit für die letzten 150 km bis zur Grenze. Zwei intensive Tage, denn diese 150 km sind nicht ganz flach, aber die Landschaft ist schön. Wir fahren immer noch zwischen Reisfeldern, Bananen- und Papayafeldern. Es ist schön, bei dieser Hitze zu campen (abgesehen von den Moskitos…). Noch ein paar Hügel und Kurven und wir nähern uns endlich der Grenze. Auf den letzten Kilometern nimmt der Stress ständig zu. In La Balsa angekommen sind nicht viele Leute da. Die Zollbeamten ignorieren uns völlig. Als wir ihnen sagen, dass wir nach Ecuador wollen, verweisen sie uns an die Einwanderungsbehörde. Die Antwort ist gemischt: Wir benötigen eine Sondergenehmigung der Behörden, um Peru auf dem Landweg zu verlassen. Wenn wir trotzdem weiterfahren, können sie uns nicht daran hindern, aber wir müssten für den Rest unseres Lebens eine Strafe von 4 Soles pro Tag zahlen. Wenn wir eines Tages nach Peru zurückkehren möchten, müssten wir den Saldo bezahlen. Die Strafe macht uns nichts aus, wir haben nicht vor, nach Peru zurückzukehren, wir haben ja schon das ganze Land von Süden nach Norden durchquert. Wir beschließen, mit den ecuadorianischen Zollbeamten zu sprechen, um zu sehen, ob sie uns einreisen lassen würden. Wir müssen über das Brückengeländer klettern, um die aufgestellten Zäune auf der Brücke zu umgehen. Die ecuadorianischen Zollbeamten sehen uns schon von Weitem und kommen uns entgegen. Ihre Antwort ist eindeutig: Es gibt keine Möglichkeit, diese Brücke zu überqueren, keine Sondergenehmigungen, keine Ausnahmen. Sie sagen aber auch, dass sie nur für die Brücke verantwortlich sind. Wenn wir den Fluss ein Stück weiter ab- oder aufwärts durchqueren wollen, geht sie das nichts an… Im Grunde genommen sagen sie uns, dass wir die Grenze illegal überschreiten könnten. Aber diese Vorstellung macht uns zu viel Angst. Wir fürchten in Schwierigkeiten zu geraten, wenn wir auf die Galapagos-Inseln fliegen wollen. Enttäuscht und völlig demoralisiert fahren wir 6 km zurück zum Dorf Namballe. Wir wussten, dass die Landgrenze offiziell nach wie vor geschlossen ist, aber mehrere Leute hatten gesagt, dass sie uns sicher durchlassen würden, und wir wollten es zu gern glauben. Schade, dann müssen wir eben ein Flugzeug nehmen.
In Namballe suchen wir nach einem Bus, der zurück nach Jaén fährt, aber der nächste fährt erst am nächsten Tag um 5 Uhr morgens. Eine sehr nette Familie lädt uns ein, die Nacht in ihrem Haus zu verbringen und verwöhnt uns mit selbst gefangenem Fisch zum Abendessen. Kurz nach 5 Uhr morgens fahren wir nach San Ignacio, einer 40 km entfernten Kleinstadt. Dann nehmen wir einen anderen Bus nach Jaén, wo wir gegen 10 Uhr ankommen. Wir gehen zu Miguel, dem Besitzer des Ladens El Ciclista, der uns schon bei unserem ersten Aufenthalt in der Stadt geholfen hatte, um die möglichen Optionen zu besprechen. Flüge von Jaén sind sehr teuer, von Chiclayo und Lima aus wäre es viel günstiger. Gegen 11:30 Uhr fahren wir zum Busbahnhof und erkundigen uns nach Fahrplänen und Preisen nach Lima. Am Mittag fährt ein Bus nach Chiclayo. Aus einer spontanen Entscheidung heraus nehmen wir den Bus, auch wenn wir noch nicht sicher sind, wie es danach weitergeht. Die Straße ist kurvenreich und wir brauchen 6 Stunden für die 300 km. In Chiclayo angekommen, versuchen wir, einen Nachtbus nach Lima zu finden, das würde uns weitere 100 Euro pro Person sparen. Wir müssen eine Stunde lang diskutieren, bis sie bereit sind, unsere Fahrräder zu transportieren. Außerdem werden unsere Kreditkarten nicht akzeptiert, und wir haben kein Bargeld mehr, so dass wir in aller Eile Geld abheben müssen. Wir haben nur noch eine Viertelstunde Zeit, um etwas zu essen zu kaufen (wir hatten schon mittags keine Zeit mehr, etwas zu essen), dann fahren wir endlich nach Lima. Es ist eine lange Reise, aber wir sind so erschöpft, dass wir schlafen wie Babys.
Mit ein wenig Verspätung kommen wir um 9 Uhr morgens in Lima an. Wir haben versucht, unsere Flugtickets im Internet zu kaufen, aber die Zahlungen konnten nicht durchgeführt werden (warum auch immer). Der Flug, den wir geplant haben, geht am selben Tag um 14.25 Uhr, es wird also eng, alles zu schaffen. Zuerst fahren wir zu dem Fahrradladen, den wir vorher angerufen haben, um 2 Kartons für unsere Fahrräder zu holen. Jeder von uns einen Karton unterm Arm strampeln wir die letzten Kilometer bis zum Flughafen. Es ist bereits 10.30 Uhr und der Sicherheitsmann sagt uns am Eingang, dass es am Flughafen keine Tickets mehr zu kaufen gibt und dass wir nur rein können, wenn wir bereits ein Ticket haben. Zum Glück gibt es gegenüber ein Reisebüro, und so bewegt Kati sich im Laufschritt dorthin. Die Verkäuferin ist nicht sehr schnell und nichts funktioniert: erst wird die Kartenzahlung mehrmals abgelehnt, bevor sie beim vierten Mal endlich akzeptiert wird, dann funktioniert das Ausdrucken der Tickets nicht mehr. Angesichts der Dringlichkeit erklären sie sich bereit, uns die Tickets per WhatsApp zu schicken. Um 11.30 Uhr dürfen wir endlich den Flughafen betreten und beginnen, unsere Fahrräder abzubauen. Der Check-in schließt um 13.15 Uhr, um 13.00 Uhr gehen wir mit den noch offenen Kartons hinein, damit wir sie wiegen können, bevor wir sie endgültig zukleben. Doch das nächste Problem taucht schon auf: Normalerweise müssen wir ein Rückflugticket vorweisen können, um nach Ecuador einreisen zu können. Wir erklären ihnen, dass wir mit dem Fahrrad weiter fahren wollen, und nach einer mehrminütigen Diskussion stimmen sie schließlich zu. Der Check-In schließt bereits und wir müssen noch die Kartons schließen. Die beiden Angestellten sind sehr freundlich und helfen uns, die Kartons mit Plastik zu umwickeln und sie sagen uns, dass wir die Taschen als Handgepäck mitnehmen sollen (auch wenn wir keine in unserem Tarif inkludiert haben) und sie berechnen uns nur die beiden Fahrräder, ohne das zusätzliche Gepäck und die überschüssigen Kilos. Wahrscheinlich wollten sie uns nur schnell loswerden. Wir gehen durch die Sicherheitskontrolle, wo sie uns das Schweizer Taschenmesser und einen Schraubenschlüssel abnehmen, weil wir die Tasche ja eigentlich als Koffer einchecken wollten und wir keine Zeit mehr hatte , zu kontrollieren, was drinnen ist. Als wir beim Gate ankommen, hat das Boarding schon begonnen. Wir nehmen unsere Plätze im Flugzeug ein und endlich können wir uns ausruhen, während sich die Erde von uns entfernt. Adiós Peru!
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Unsere letzten Tage in Peru